Die Planung
Wenn schon eine Reise nach Peru, dann wollte ich mir ordentlich Zeit nehmen, sowohl mit der Planung, als auch mit meinem Aufenthalt in einem Land von dem ich schon als Kind geträumt habe. Drei Monate um das Projekt kennen zu lernen, dort mit zu arbeiten und um Stoff für meinen Artikel zu sammeln sollten es schon werden.
Anschließend das Land bereisen, auch dafür braucht es Zeit, so habe ich die Reise von Mitte Oktober 2008 bis Mitte März 2009 geplant.
Schnell wurde mir klar, dass ich mich ganz schön ran halten musste um meine aktuellen Webprojekte rechtzeitig und gut abschließen zu können. Nachtschichten waren also vorprogrammiert und die Reisevorbereitungen würden ihren Tribut zollen.
Raus aus dem Stress, rein in den Flieger, innerhalb von wenigen Stunden in einer anderen Kultur und in einem völlig anderen Klima ankommen? Ein klares „Nein“! Ich wollte die Entfernung spüren, den Weg zum Ziel erleben und gut erholt in einer mir völlig neuen Welt eintauchen.
Die Vorstellung, dass Linienschiffe nach Südamerika verkehren erwies sich schon bald als ziemlich naiv, doch es musste unbedingt eine andere Möglichkeit der Überfahrt als mit einem Kreuzschiff geben.
Dem WorldWideWeb sei Dank: ich habe ich eine Passage von New York City nach Callao, Peru auf einem großen Containerschiff gefunden und sofort gebucht!
Termin: 13 Oktober 2008
Die Vorbereitungen
Vom Kauf der richtigen Ausrüstung (Rucksack, Kamera, first aid kid, den „Lonely planet“ als Reiseführer und noch vieles mehr), über notwendige Impfungen – Gelbfieber, Tetanus und Hepatitis – bis hin zu einem neuen Reisepass und einer chaotischen Fahrt nach Berlin zum US-Konsulat für ein B-Visa, für mehrmals Einreisen in US-amerikanische Häfen, gab es allerlei zu erledigen.
Und dann war da ja noch die fremde Sprache. Spanisch-Intensivunterricht mit meiner spanischen Freundin Anne stand ab sofort für 3 x 2 Stunden pro Woche auf dem Programm.
Ich habe viel gelernt, leider immer wieder ebenso schnell alles vergessen. Die vielen Ausnahmen von den wenigen Regeln wollten einfach nicht in meinem Kopf bleiben. Zum Glück hat mich Anne nie aufgegeben, so konnte ich am Ende einiges Verstehen und mich zumindest einigermaßen verständigen.
Abschied nehmen
Frachtschiffreisen haben ihren ganz eigenen Zeitplan, und so bekam ich 10 Tage vor meinem Abreisetermin die Nachricht, dass die MSCV Hamburgo auf die Werft in Chile muss und sich meine Abreise auf unbestimmte Zeit verschieben würde. Fast täglich bekam ich neue Termine, doch dann endlich, der Frachter war wieder auf hoher See – Ankunft New Jersey 10. November gegen 8:00 Uhr morgens Ortszeit.
Endlich konnte ich mein Ticket nach New York buchen und meine große Tasche packen. Allein 20 Bücher für Ilona waren im Gepäck, Moskitoschutz und Durchfallmittel, Wanderschuhe, leichte Sommersachen aus dem Schlussverkauf, ein Reiseführer und vier Kilogramm Gummibärchen für die vier Kinder.
Und plötzlich hieß es Abschied nehmen. Bei einem versöhnlichen Abendessen von meinem Mann, mit einem letzten Anruf von meinen sorgenvollen Eltern, meinen Geschwistern und ganz besonders von meinen Kindern und meinen heißgeliebten Enkeln Milan und Joey.
Aufbruch Grambergen
Sonntag, 9. November 2008
Wetter: scheußlicher kann es kaum kommen
Abfahrt: Grambergen, pünktlich 6:30 Uhr
Die letzte Nacht habe ich mit dem Abschluss meiner Arbeit, Überweisungen, Einrichten von Daueraufträgen, Rechnungen schreiben, Kofferpacken und leerräumen meines Zimmers verbracht. Punkt 6:30 Uhr war mein Laptop verstaut, es konnte losgehen.
Die Kinder kamen auf die Minute pünktlich und waren viel aufgeregter als ich das es nun endlich los geht. Laut hupend habe ich mein zu Hause verlassen und bin bei totalen Wolkenbrüchen und völlig übermüdet über die Autobahn nach Düsseldorf. Noch wollte bei mir keine rechte Aufbruchstimmung aufkommen. Milan hatte Hummeln im Hintern, der wusste wohl, dass etwas besonderes anstand und hat die ganze Zeit gequatscht und gesungen, Joey hat die Fahrt verschlafen. Seine Mama auch!
Ankunft Düsseldorf 8:45 Uhr, schnell zum Check In, ohje, ich hatte keine Adresse in New York. Die Damen von TUI waren so freundlich mir eine Hoteladresse zu nennen, ohne Adresse keine Einreise in die Staaten.
Abschied nehmen mag ich nicht und schon gar nicht am Flughafen, so war ich froh, dass ich schnell durch die „Sicherheit“ musste. Ich war schon sehr traurig, besonders Milan werde ich vermissen, selbst jetzt beim Schreiben, kommen mir Tränen, es wird eine lange Reise ins Ungewisse sein, fünf Monate ohne meine Liebsten, nicht leicht, da einfach wegzufliegen.
Ankunft Dublin
Der Flug war entsprechend melancholisch, keine Freude, keine Aufregung, einfach total erschöpft und irgendwie niedergeschlagen.
Der Anflug auf Dublin war sehr diesig aber beeindruckend schön. Irland ist wirklich eine grüne Insel. Jede landwirtschaftliche Parzelle, alle eher klein, ist von Büschen und Hecken umsäumt. So habe ich das noch nirgends gesehen.
Ankunft Flughafen Dublin: nun ja, es war wie erwartet kalt mit blauem Himmel. Erstmal raus aus dem Terminal und natürlich ab zum smooking point, ein überdachter Streifen längs des Gebäudes und völlig eingenebelt.
Fünf Stunden Aufenthalt, zu kurz um nach Dublin rein zufahren und ganz schön lang um am Flughafen herumzugammeln. Ich hab die Zeit genutzt um letzte mails an meine Kunden zu senden, doch noch ein bisschen zu arbeiten – ich bin ja nie zufrieden – und wie schön plötzlich war mein Bruder im Chat. Die Welt ist doch klein geworden!
Der Flug nach New York war für mich unerträglich lang, zum Glück hatte ich einen Doppelsitz für mich alleine, somit hatte ich wenigstens Platz und konnte ein bisschen schlafen. Ansonsten habe ich die aktuelle „Zeit“ komplett gelesen, interessantes über den neuen Präsidenten der USA Barack Obama sowie über die ausufernde Bankenkrise.
Ankunft in der Mega-City
Endlich um 19 Uhr Ortszeit Ankunft in New York, langes Warten am Check In, ich hatte das falsche Formular erwischt und musste mich nochmal ganz hinten anstellen. Die Samen für Ilona hätte ich doch mit nehmen können, es gab keine Taschenkontrolle und auch mein Laptop hat niemanden interessiert.
Das einer lang ersehnten Zigarette ab in ein Taxi nach Manhatten. Leider hatte ich einen wenig hilfreichen Taxifahrer. Der Kerl er wollte nur schnell gutes Geld machen, immerhin 70 Dollar für die Fahrt und keine Idee für ein Hotel. Bin irgendwann beim Holiday Inn ausgestiegen, 240 Dollar per night, puh, das war zu viel!
Doch wie zu Fuß mit vollem Gepäck und 25 Bücher ein Hotel finden? So viele scheint es nicht zu geben, jedenfalls keins, dass mit meinem schweren Gepäck erreichbar ist. Habe die ganzen Bücher für Ilona im Gepäck verflucht, damit ließ sich nicht weit kommen.
Dann doch noch Glück gehabt, fröhlich pfeifend kam mir ein Taxidriver aus einem Imbiss entgegen gehüpft und sah mir wohl meine Verzweiflung an und fragte, ob er mir helfen könnte. „If you know a cheap place for one night, yes you can!“ hab `nen lustigen Taxifahrer erwischt und der wollte „the nice lady from Germany“ unbedingt in ein günstiges Hotel bringen. Ist aber wirklich nicht einfach und so bin ich mitten in Chinatown im U.S. Pacific Hotel gelandet. Ein Zimmer war es nicht, eher eine bezahlte Zelle. 90 Dollar für ein großes Bett, noch größeren Fernseher, ein winziger Tisch, ein Stuhl und sonst nichts. Maximal 2 x 2 Meter. Aber kein Problem, ich wollte nur schlafen!!!!
New York City
Montag, 10. November
Wetter: klar und kalt
Um 5 Uhr war ich ausgeschlafen, duschen auf dem Gang, immerhin alles sauber und raus in die Megacity. Beim langsamen Erwachen der Stadt durch Chinatown gelaufen, einen erfrischenden Spaziergang über die Williamsburg Bridge und auf einmal der Blick auf Manhattens Skyline. Woh. Alles ganz schön groß hier. Und plötzlich um mich rum, das volle Leben, Kaffee im Sturbucks und rein ins Internet. Mails an die Kinder und Chat mit Michael, mein Blog ist eingerichtet, prima, jetzt muss ich ihn nur noch mit Leben füllen.
Und dann durch die Straßen von Chinatown bei vollem Betrieb. Die Läden haben alle auch draußen Auslagen, viel Fisch auf riesigen Eisboxen, aufgetürmtes Gemüse und überall Chinesen. Ich bin auf meiner Reise angekommen, jetzt geht es mir gut, die Melancholie ist weg, der Puls kommt in Gang, ich fühle mich richtig, bin freudig erregt und kann das Gewusele um mich rum genießen.
Leider musste ich um 9 Uhr aus meinem Hotel raus, also wieder volles Gepäck dabei, keine Chance mehr von New York zu erlaufen, also ins nächte Yellow Cap und ab zum Hafen nach New Jersey. Aufregende Taxifahrt durch Manhatten und den besten aller Taxidriver von NYC erwischt. 45 Minuten bis zum Hafen und wir wußten nicht wohin wir müssen. Er hat sogar die Agentur angerufen und wollte mich nicht eher absetzen, bis ich am richtigen Platz angekommen bin. Hab ihm gutes Geld gegeben, wir waren beide gut zufrieden und ich habe viel aus dem Leben eines New Yorker Taxifahrers erfahren. Die Caps sind geleast, die Lizenz kostet 400.000 Dollar. So sind alle selbstständig, zahlen monatlich 600 Dollar Leasing fürs Taxi, ein einfaches Einraumappartement in Queens kostet 1200 Dollar, muss man also ganz schön viel Taxi fahren, um über die Runden zu kommen.
Ernüchterung bei der Ankunft am Hafen. Mein Schiff war noch nicht angekommen und ich stand nicht auf der Gatelist, also kein reinkommen in den Hafen möglich. Die Agentur versprach am Telefon Klärung, ich sollte einfach geduldig warten bis das Schiff kommt. Gesagt getan. Ich musste draußen warten, Blick auf die Skyline von Manhatten, hinter mir der Hafen, leider ohne Einblick.
In der ersten Stunde noch hoffnungsvoll, dass es alles wohl nicht so lange dauern wird. Nach 500 vorbeifahrenden LKW voller Container, 2 Schichtwechsel der Hafenarbeiter, 3 plörrigem Kaffee, zum Glück gab‘ s ne Bude, und einem scheußlich Chicken Sandwich, konnte mir immer noch niemand Hoffnung machen. Mir schien sie wollten es auch nicht, freundlich war der Kerl an der Pforte auf jeden Fall nicht. Dann die Nachricht, dass es um 14 Uhr anlegt. Also 2 weitere Stunden warten, na gut, wenigstens schien die Sonne, wenn auch bei lausigem Wind. Ich habe mich in Geduld geübt, was blieb mir auch anderes übrig. Schiffe kommen nun mal nicht pünktlich, und schließlich hatte ich schon 4 Wochen gewartet, was sind da weitere 2 Stunden. Nichts!
Und dann um 15 Uhr, endlich jemand von der Agentur, bin auf die Gatelist gekommen und durfte in sein Auto steigen. Da saßen schon der Captain, der 1. Offizier und und Superintendent, keine Ahnung was der macht und warteten wie ich auf das Schiff. Mannschaftswechsel war angesagt und das bei schlechter Koordination.
Ankunft an Bord
Um 18 Uhr waren wir endlich an Bord. Im Schlepptau der Brückencrew sofort in die Messe, schließlich war Lunch time, mein erstes Essen an Bord, Reis mit beaf und Salat. Und ein heißer Instantkaffee, was für eine Wohltat. Nach dem Essen hat mich der freundliche, immer lächelnde Stewart in meine Kajüte/Kombüse gebracht. Mein Reich für 16 Tage.
Geräumig, ca 20 m2, ganz schlicht, alles festverschraubt und praktisch. Wer Luxus erwartet, ist auf einem Frachtschiff falsch gestrandet, hier herrscht überall das praktische vor. Wie gut, dass ich für Ilona all die Bücher mithabe ;-), sie machen meinen Raum wohnlich, ansonsten habe ich noch ein großes Foto von Joey und sonst kaum was das einrichtet.
Mein Laptop hat seinen Platz auf dem Schreibtisch eingenommen, ansonsten steht hier ein einfaches Bett, ein noch einfacheres Sofa mit Decke, ein Kühlschrank der brummt, ein Fernseher mit DVD-player und eine Musikanlage. Alles ist fest verriegelt, die Schränke und Schubladen habe alle extra Sicherungen und alle Türen können festgehakt werden.
Und es riecht stark nach Reinigungsmittel, hier hat jemand gründlich geputzt. Wie gut, dass ich mein Aromaöl dabei habe, der Lemongrassduft ist wunderbar frisch. Und dann mein erster Blick aus meinem Kabinenfenster, 6. Stock mit Weitsicht achtern. Super – das Warten hat sich gelohnt!