Kurs auf Baltimore

Mittwoch, 12. November 2008

Seereise: Tag 2
Wetter: bedeckt, eiskalte Luft
See: platt wie ne Flunder
Ankunft: Baltimore 10 Uhr

Frühstück: 2 Frankfurter
Mittagessen: Maccaronisuppe mit Huhn – Krautwickel, Kartoffeln – Trauben
Abendessen: Tintenfisch mit Gemüse

Nachts wach geworden, mein Blick aus dem Fenster hat mich total verwirrt, auf einmal auf beiden Seiten Land und jede Menge blinkende Lichter, muss noch rausfinden, wo wir da vorbeigekommen sind. Hingelegt und weitergeschlafen, das klappt hier bestens. 6 Uhr dann endgültig ausgeschlafen und Blick auf den Sonnenaufgang kurz vor Baltimore.

Nach dem Frühstück direkt raus und bis Baltimore, Maryland auf dem Vorderdeck, der beste Aussichtspunkt und sicherer Treffpunkt mit dem Bootsmann José. Er hat noch `nen Schluck Gordens an Bord und wird wohl demnächst abends bei mir anklingen auf ein Gläschen. Gibt´s hier doch Bordtelefon, so sind alle hier miteinander verbunden.

Die Einfahrt in Baltimore war wenig spektakulär, überall Industrie und natürlich lange Brücken, darauf scheinen die Amis ein Patent zu haben.

Nach dem Dinner, dann mit einem Teil der Mannschaft von Bord. Landgang ist nicht ganz einfach, besonders bei den ängstlichen Amerikanern. Neben Passport mit Visa, braucht jeder eine Crew ID und ne gute Möglichkeit aus dem Hafen zu kommen. Der 1. Offizier hat uns einen Wagen von der „christ curch“ besorgt. Die sind hier immer in den Häfen, um die Seeleute zu betreuen, haben freien Zugang und sind den Seeleuten gerne behilflich. Und wo wollten die Jungs hin? Zum Wallmart. Nun gut, bis Baltimore rein, wäre viel zu weit gewesen, die Vororte sprachen schon Bände.

Meine Klischees wurden  zumindest auf den wenigen Kilometern bestens bedient, überall kleine Einfamilienhäuschen, Eins langweiliger als das Andere, 50% stehen zum Verkauf. Und dann Wallmart: alles was man nicht braucht, findet man dort. nur was man sucht findet man sicher nicht, ich zumindest. Eine völlig andere Ordnung als bei uns, oder keine Ordnung? Ich habe jedenfalls trotz Bemühungen keine entdeckt.
Dafür jede Menge, wirklich fette Amerikaner, besonders die schwarzen Frauen sind unbeschreiblich fett. Entsprechend voll sind die Einkaufswagen, aber man bekommt auch alles nur in Riesen Tüten, besonders die Süßigkeiten. Und jede Menge Plastik. Sich in Deutschland Gedanken über Nachhaltigkeit zu machen, entpuppt sich hier als völlig absurdes Unterfangen. Mein Papierkorb ist jetzt auf jeden Fall voll und mein Vorrat wirklich bescheiden.

Verstehen musste ich hier auch das System mit den „tax“. Alle Produkte sind ohne Steuer ausgezeichnet, an der Kasse habe ich mich dann gewundert, was tatsächlich zu zahlen ist.
Habe mir einen Voice Recorder geleistet, so kann ich meine Gedanken bei den Rundgängen auf dem Schiff aufzeichnen und nachher abrufen. Bei den vielen Eindrücken hier, möchte ich nicht das was im Kopf los ist, vergessen. Und da geht einiges ab, gut so!

Die einzige Chance meine Mails abzurufen und schicken, war der nächste Mac Donalds, freier Zugang, immerhin etwas. Verrückt meine ganzen Newsletter und Mails zu bekommen, ich schippere über den Atlantik und das Leben geht ganz normal weiter, unvorstellbar. Denn hier herrscht eine völlig andere Zeit und Stimmung.

Eine Bitte an alle: schreibt mir fleißig, ich freue mich sehr darüber!

Inzwischen bin ich wieder an Bord und habe beim Lunch erfahren, dass 2 deutsche Maschinenschlosser an Bord sind. Kamen dann auch prompt zum Essen und dann konnte ich endlich meine ganzen Fragen zum Leben hier los werden. Die beiden kommen aus Magdeburg und ziehen von Schiff zu Schiff um die Stromgeneratoren zu warten und reparieren, sozusagen das 2. Herzstück des Schiffs, denn ohne Strom läuft gar nichts, besonders die ganzen Kühlcontainer sind davon abhängig. Die beiden sind jetzt seit 6 Wochen an Bord, sehr nett, gleich sind wir auf ein Bier verabredet. Alkohol gibt´s aber immer erst auf See, wegen der Zollfreiheit. Konsumgüter sind alle zollfrei und jetzt warten alle auf das Beck´s, das heute auf einer großen Palette an Bord ging.

Eigentlich sollten wir schon loslegen, aber noch fahren hier fleißig LKW mit Container ran, wird also mit dem Bier noch etwas dauern. Das Verladen ist übrigens eine logistische Meisterleistung, dazu aber ein andermal mehr, dafür will ich erst noch mehr erfahren.

So langsam wird die Mannschaft mit mir warm, die Hemmungen eine Frau anzusprechen fallen, alle sind sehr freundlich, hilfsbereit und scheinbar auch dankbar für die kleine Abwechslung die ich bringe. Die nächsten Passagiere sind wohl alle viel älter, was hier die Regel ist. Mein Jahrgang ist wohl eher selten vertreten, wer hat schon auch die Zeit, so eine Tour zu unternehmen.

Wie gut, dass ich sie mir einfach nehme, die Reise ist jetzt schon ein großes Abenteuer, obwohl ich erst 4 Tage unterwegs bin.

Abends dann noch mit den beiden Deutschen zusammengesessen, mit dem Bier wurde es nichts mehr, aber unsere Unterhaltung war dennoch spannend und vor allem lehrreich. Habe viel über das Schiff erfahren, über Seefahrt im allgemeinen und ebenso interessant über das Leben früher in der DDR und die Situation heute. Bis Manzanillo Panama werden die beiden noch an Bord sein, also noch ein bisschen Zeit viele Fragen zu stellen und dann doch noch einen feuchtfröhlichen Abend verbringen zu können.
Um 23 Uhr dann endlich ablegen, wir nehmen Kurs auf Charleston, South Carolina!

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