Cusco
Donnerstag 18. Dezember 2008
Weiterreise: Tag 16
Die Stadt hat mich voll im Griff, chaotisch lebendig, bunt, überall Kultur und ein bunt gemischtes Volk. Viele Frauen aus den Anden, die Ihre Waren verkaufen wollen oder mit einem Lamalämmchen auf dem Arm die Touristen zu einem Foto hinreißen wollen. Die Touristen scheinen hier die Einnahmequelle Nr. 1 zu sein, viele Läden mit Souvenirs und dem üblichen Handwerk und doch, kaum 2 Blocks aus dem Centro raus und das normale Peru zeigt seinen Müll, seine Armut auch hier und die typischen kleinen Kramläden bestimmen das Bild.
Heute war organisieren angesagt. Busticket nach Lima und Bahnticket nach Aguas Caliente, alias Machu Picchu Town. Klingt alles wenig aufregend, kann aber zu einer langen Geschichte werden. Allein genug Geld aus den Automaten zu bekommen ist ein Lauf für sich. Habe meinen PIN von der Mastercard so gut versteckt, dass ich ihn nicht finden kann, auf meine EC-Card bekomme ich pro Abbuchung maximal 300 Soles ausgezahlt, limitiert auf 3 Abhebungen pro Tag. Mit etwas Glück gibt die nächste Bank auch etwas aus, aber nur mit Glück, defekte Automaten sind nicht selten. So muss ich mein Flugticket in mehreren Raten zahlen und nun jeden Morgen zum Reisebüro, um mein Ticket abzustottern. Also beschränke ich mich hier auf das Nötigste, ansonsten schaffe ich es nicht, morgen muss ich die letzte Rate zahlen, am Samstag früh will ich auf zum Machu Picchu, bis dahin brauche ich mein Flugticket.
Die Bahntickets nach Aguas Caliente sind sehr knapp, nur mit viel Glück habe ich noch eins bekommen, und das für eine Summe, von der ich sonst locker 3 Tage hier leben kann. Um zu sparen, habe ich den Weg schon verkürzt und werde durchs heilige Tal mit einem Sammeltaxi fahren, aber viel besser wird‘ s auch nicht, das letzte Stück geht eben nur per Bahn oder zu Fuß, hier gibt es tatsächlich ein Monopol auf den Weg zum Weltkulturerbe. Kein Scherz, alle Bestrebungen eine Straße zu bauen sind an der Bahnlobby gescheitert.
Mal eben ein Busticket kaufen, auch Fehlanzeige. Hier buhlen mindestens 20 Busgesellschaften, die alle nach Lima fahren. Und man wird das Gefühl nicht los, dass sie Dich entweder alle über‘ s Ohr hauen wollen oder der Buskomfort sicher nicht das hält, was versprochen wird. Nach 2 Stunden feilschen habe ich mich entschieden, bin sehr gespannt was mich erwartet, aber ich habe Spielraum in Lima, es darf also eine Panne geben, ohne meine Flieger zu verpassen.
In solchen Situationen bin ich wirklich wütend auf mein schlechtes Spanisch, ich bin sicher, die sprechen alle zumindest schlechtes englisch, beim Feilschen verstehen aber alle nur spanisch ;-) Anne sei Dank, die Zahlen habe ich drauf, da macht mir wenigstens keiner was weis.
Den Nachmittag verbringe ich in der Stadt, arbeiten auf einer der Terrassen und dann eine besondere Begegnung auf dem Platz. Ein kleiner Schuhputzer spricht mich an, will dringend meine Schuhe putzen, dumm nur, dass er nur schwarze Wichse hat und ich graue Stoffschuhe an. Also kein Geschäft, ich lade ihn ein sich zu mir zu setzen, ich zahle ohne saubere Schuhe, das macht dem kleinen Halunken Spaß und ich erfahre etwas über das Leben der Straßenkinder in Cusco. Das er auch eins ist rückt er aber erst viel später raus. Armer Kerl, aber in seinen Augen war dennoch viel Lebensfreude und viel gute Energie.
Gemeinsam schauen wir uns uns noch ein Theaterstück der Studenten der Kunstakademie an; über den Verlust der Kultur in den Anden, den Verkauf der Stadt an die Gringas und, dass der kulturelle Verfall dringend gestoppt werden muss. Ein Thema, dass einem hier immer wieder begegnet, auch Erhard aus dem Hostal redet davon. Da bin ich emotional komplett in der Klemme. Ich habe im Norden zahlreiche elende Orte gesehen wo kein Tourismus herrscht und es ist eindeutig, je mehr Tourismus, desto wohlhabender die Städte und zumindest ein Teil der Bewohner. Anderseits ist der Trubel erschreckend, zwar haben die Fastfootketten hier noch nicht Einzug gehalten, aber mit Pizza wird hier allerorts geworben.
Am Abend auf der Suche nach einem warmen Ort mit Wifi in einem Restaurant mit gehobener einheimischer Küche gelandet. Ein wunderbar zubereiteter Fisch und ausgezeichneten chilenischen Wein und eine schnelle Verbindung. Perfekt. Neben mir saß eine bunt gemischte Truppe aus einheimischen jungen freaks mit ihren deutschen Frauen. Alle mit Ihren Babys dabei. Hier geht man mit den Kindern aus, irgendwo schlafen die ein und jeder fühlt sich zuständig, selbst die Kellner werfen ein Auge, dass keins der Krabbelkinder die Treppe runter fällt.
In der Herberge wartet ein warmer Kamin auf mich, schon der Geruch nach Holz wärmt auf, abends ist es hier ziemlich frisch und ich habe wenig warme Sachen dabei. Und Erhard wartet auf mich mit einem frisch gebackenen Vollkornbrot. Seine Mutter hat ihm ein Päckchen aus Deutschland mit einer Brotbackmischung geschickt, das erste vernünftige Brot seit Wochen und Erhard teilt gern mit mir. „Nur Du weißt es zu schätzen!“ Jawohl, und wie, wir genießen es in vollen Bissen! Ich nur mit gesalzener Butter und er mit Nutella, die war auch im Päckchen und hat hier das Prädikat besonders wertvoll.
Rucksack für den Trip packen und schon mal auschecken, noch ein paar Sachen für die Rückreise waschen, denn morgen muss ich früh raus. Ich bin aufgeregt und schlafe schlecht, freue mich auf das Abenteuer Machu Picchu.
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