Trekking im Colca Canyon
Freitag/Samstag/Sonntag 12/13/14. Dezember 2008
Trekking-Tour: Tag 1
Pünktlich um 4 Uhr alles fertig und ab ins Foyer auf den Bus warten. Ich hätte es mir denken können, der Kleinbus kam natürlich erst um 5 Uhr, hier ist einfach niemand pünktlich. Man stellt sich drauf ein, wartet in Ruhe ab und so gings dann quer durch die Stadt, die anderen Trekker einzusammeln. Eine bunte Mischung Backpacker war für verschiedene Touren zusammengekommen. Wir und ein canadisches Ehepaar (58 und 61 Jahre) waren die einzigen für die lange Tour mit 2 Guides an unserer Seite.
Schon gleich hinter der Stadt kamen die Berge auf uns zu, die ich bisher nur aus der Ferne gesehen hatte. So ging`s immer Höher in Serpentinen hinauf, vorbei an Vincuna-, Lama- und Alpakaherden, die hier zum Teil wild, zum Teil gezüchtet, frei in den Hochebenen Weiden.
Und auf einmal waren wir mitten in den Hochanden angekommen auf 4200 m Höhe mit grünen Tälern, tiefen Schluchten und ein atemberaubendes Bergpanorama. Stopps gab es keine, wir hatten es eilig, wollten wir doch die Condore fliegen sehen und die schweben, wenn überhaupt, nur bis ca 10 Uhr am Himmel.
Und endlich, nach 4 Stunden zum Teil aller holprigster Piste der Cruz del Condor, der beste Aussichtsplatz Und wir wurden wahrlich belohnt. Insgesamt fünf Condore zogen vor atemberaubender Kulisse nur wenige Meter von uns entfernt Ihre Kreise. Majestätisch, schwerelos und beindruckend schön. Voller Erfurcht und völlig ergriffen von der Schönheit kamen mir die Tränen. Ganz klein und demütig war mir zumute und doch fühlte ich mich einfach wunderbar und genau am richtigen Ort.
Condore haben eine Spannweite von bis zu 3 Metern, wiegen ca. 75 kg, sind 1,60 groß und können für Ihre Jungen bis zu 5 Kg Aas in ihrem Kropf bewahren. Sie sind ihrem Partner ein Leben lang treu und begehen Suicid sollte der Partner sterben. Dazu lassen sie sich entweder aus 6000 Meter Höhe steil vom Himmel fallen oder hungern sich zu Tode. Sie sind die größten flugfähigen Vögel der Erde.
Nach diesem ersten Erlebnis ging es weiter nach Cabanaconde, einem kleinen Andenstädtchen. Dort wartete ein schreckliches Mittagessen in einem typischen Restaurant auf uns. Aber der Hunger triebs rein, schließlich waren wir seit 8 Stunden auf den Beinen.
Und dann gings los: Gnadenlos brennende Sonne über offenes Land in etwa 4000 Meter Höhe. Schon nach 10 Minuten wollte ich die Tour abbrechen, mein Herz schlug wild, der Schädel schien zu explodieren und das essen lag mir schwer im Magen, ich wollte einfach nur kotzen und nach hause zurück. Ivan unser Guide hat mir dann aber Mut gemacht, die Situation war wohl nicht ungewöhnlich und mir geraten ganz langsam zu gehen, meinen Ryrhmus finden, tief Luft holen und einfach daran denken, dass es in 15 Minuten nur noch bergab ging.
Lieber Ivan, ich danke dir fürs Mut machen, so dass ich mich durchgerungen habe weiter zu gehen. Es waren nicht die Beine, nicht die Kraft, einfach nur die Höhe und die Hitze.
Und dann gings tatsächlich bergab. 4 Stunden, 1300 Höhenmeter über eine unendlich Steile Geröllpiste. Die wenigen Pausen reichten gerade für einen großen Schluck Wasser und einen Blick auf die Berge. Ansonsten volle Konzentration, jeder Schritt daneben hieß stürzen und das konnte auf dem schwierigen Gelände das Ende der Tour bedeuten.
Besonders die letzte Stunde, als die Muskeln mürbe wurden, die Kniee anfingen zu schmerzen, kostete jeder Tritt Überwindung. Der Blick aus dem Canyontal die ganze Strecke in die Berge hinauf, hat die Anstrengung allemal belohnt. 10 Minuten Pause an einer freischwebenden Brücke, mit einem Brückenwächter mit Buch, in das sich alle eintragen mussten.
Tja und dann schon völlig erschöpft ging es 1 Stunde ähnlich steil bergauf, durch ein unendlich grünes Tal, voller Feigenbäume, Kakteen, Papaya, Mai und Kartoffelterrassen. Wir waren mitten im Paradies angekommen, bei unserer wunderschönen Gastgeberin im Hostal Wasi.
Ein Fleckchen abseits der Zivilisation, in einfachsten Lehmhütten mit Strohdach und Steinen als Fußboden, einem wildblühenden, wunderbar gepflegten Garten und einem schlichten, leckeren Mal auf einem Lehmofen zubereitet. Ich war einfach hin und weg und konnte die Schönheit kaum fassen. Strom gab es nur in der Küche, in unserer Unterkunft gabs nur eine Kerze. Eine Dusche unter Palmwedeln war solarbeheizt, gewaschen wurde sich an einem Becken mitten im Garten. Und ringsum das Bergpanorama mit der untergehenden Sonne. Beschreiben lassen sich meine Gefühle und Eindrücke nicht, man muss dort gewesen sein um es verstehen zu können.
Geschlafen habe ich wie eine Königin, ich war so müde, mich hätte kein Bär wecken können.
Trekking-Tour: Tag 2
Um 6 Uhr hat mich die Lust auf sehen und erleben aus dem Bett getrieben, belohnt wurde ich mit einem starhlend blauen Himmel und von der Sonne beschienen Bergwipfeln. Die Blüten waren voll mit winzigen Kolibris und dicken Hummeln, überall summen und rundum Natur.
So einsam wie die Menschen dort leben, so geschäftig geht der Tag los, schon früh kamen zahlreiche Einheimische mit Baumstämmen für den Ofen, mit einer großen Machete oder einem großen Bündel mit Kräutern auf dem Bergpfad vorbei. Und alle mit einem fröhlichen Gruß auf den Lippen.
Zwei ordentliche Pfannkuchen zum Frühstück und somit frisch gestärkt für den nächsten Teil der Tour, natürlich wieder steil bergauf. Ich hatte wirklich Atemnot und schwer mit meinem inneren Schweinehund zu kämpfen. Ivan hat mir die Pflanzen beschrieben, mir immer wieder etwas am Wegrand zum naschen gepflückt und mich so bei guter Laune gehalten. Nach 1 Stunde war das schlimmste Stück geschafft und wir waren in einem einfachen Andendörfchen angekommen.
Dort wartete das perunische Nationalgetränk auf uns: Cicha! Vergorener und fermentierter Mais, der nach einigen Tagen einen ordentlichen Alkoholgehalt bekommt. Dazu gabs winzige, eher herzhafte Birnen und Früchte vom Kaktus, köstlich!
Unsere Gastgeber betreuen ein winziges Museum, mit typische Gegenständen aus den Anden. So der heute noch verwendete Stein zum Mahlen des Maises, ein typischer Webrahmen auf dem die bunten Alpakadecken gewebt werden und die typischen Trachten. Im Colcatal gibt es einen ganz besonderen Hut, den wirklich alle Frauen und nur dort tragen. Der Hut mit den Zottel hat eine besondere Geschichte:
Am 1. Februar gibt es ein besonders Fest, zu dem Männer und Frauen gleich gekleidet sind und eben diese Hüte tragen. So können die Mütter der schönen Mädchen nicht erkennen, ob der Tanzpartner nun weiblich oder männlich ist. Eine gute Gelegenheit für die Burschen unerkannt auf Tuchfühlung zu gehen.
Die Werkzeuge auf dem Foto werden so noch überall auf den kleinen terrassierten Feldern eingesetzt. Als Landwirtin musste ich natürlich sofort eins ausprobieren; ich war begeistert wie vielseitig die Hacke und gleichzeitig Pflanzzinke ist. Die einfachen Holzbretter werden von den Frau zum Glattstreichen des Bodens benutzt.
Ein interessanter Stop vor herrlicher Kulisse und einer Gastgeberin in der überall so von den Frauen auch im Alltag getragenen Tracht – natürlich mit Hut!
Der Blick auf das Tal mit der gesamten bisher gelaufenen Route war schwer beeindruckend, all das hatten wir schon erwandert, ohne Muskelkater oder Schmerzen in den arg belasteten Knien.
Doch noch folgten 2 Stunden steil bergab, 1 Stunde bergauf und mit letzter Kraft endlich im El Paraiso angekommen. Ein großer Swimmingpool gespeist mit frischem Bergwasser, inmitten von Palmen und Blüten und einfachsten Bambushütten, bedeckt mit Palmplättern. Der Blick aus dem Bett, ging praktisch in den Himmel, ein kräftiger Regenschauer hätte mich Bett nass erwischt.
Der Sprung in den kühlen Pool war super, die müden Beine und die geschundenen Füße abkühlen und einfach genießen. Hier gab es gar keinen Strom, so dass der Koch, gemeinsam mit allen Guides (es waren mehrere Gruppen im Laufe des Tages eingetroffen) mit Taschenlampen auf dem Kopf unser Abendessen zubereitet haben. Licht für die Tische kam von in großen Plastikflaschen eingelassene Kerzen, ein System so einfach und praktisch, aber leider nicht zu erklären.
Sämtliche Lebensmittel und alles was im Tal und in den umliegenden kleinen Dörfern benötigt wird, wird ausschließlich mit Eseln und Maultieren über die Berge getragen. Entsprechend kostbar ist dort alles und vieles wird direkt aus der umliegenden Natur genutzt.
4 Stunden heftigster Aufstieg lagen vor uns, ich muss gestehen, ich hatte große Sorgen, wie ich mit meiner Atemnot da hoch kommen sollte. So auch Ivan, unser Guide, der mir aus Sorge um mich vorschlug, den Aufstieg lieber mit einem Maultier anzutreten. Ich war dankbar für den Vorschlag und nahm gerne an. Wenn auch ein bisschen ärgerlich mit mir, so kurz vor dem Ziel aufgeben zu müssen, versprach die Tour auf dem Muli ein neues aufregendes Erlebnis.
Die Nacht war leider nicht ganz so gemütlich, war das Paraiso von bissigen Sandflöhen bewohnt, selbst gutes Moskitomittel konnte die kleinen Plagegeister nicht abhalten uns mächtig zu zwicken, entsprechend gefleckt sahen wir am nächsten Morgen aus.
Trekking-Tour: Tag 3
Für 5 Uhr war Aufbruch angesagt, um vor der Sonne schon möglichst weit oben zu sein. Doch für Mulireiter gab´s eine neue Ansage, 6 Uhr gehts los, puh, da hätte ich ja noch ein wenig schlafen können. Mit ziemlich weichen Beinen den frühen Morgen in der Stille genossen, ich konnte die ersten Wanderer beim Aufstieg beobachten, das sah ziemlich mühsam aus.
Endlich um 6:30 Uhr kamen die Mulis zum verabredeten Treffpunkt, vier weitere deutsche Mädels nahmen den Service in Anspruch, sah also nach kleiner Karavane aus, mir war´s recht. Und rauf auf den Muli, ich war vornweg und am Ende der Mulitreiber und hinter mir mein unermüdlicher Guide, der sich vorgenommen hatte, mich nicht aus den Augen zu lassen. Für ihn hieß das in wirklich strammen Schritt den steil Berg rauf.
Ich war total beeindruckt von der Ausdauer der Tiere, schaffen sie den Hang in weniger als die Hälfte der Zeit der Wanderer und das über mächtiges Geröll und hohe Steinblöcke. Man muss sich schon gut festhalten, um nicht hinten runter zu purzeln, die nehmen bei hohen Stufen richtig Schwung. Und schon mal geritten haben ist auch von Vorteil, man kommt so besser in den Rhythmus des Tieres rein und nicht jede Bewegung knallt einem in den Rücken!
Auf dem Rücken des Mulis konnte ich dann auch die Landschaft genießen, brauchte ich mich doch nicht mehr auf meine Füße konzentrieren. Oben angekommen fiel der Blick auf eine wunderbar grüne terrassierte Hochebene, wir waren in Cabanaconde zurück.
Mit einem ordentlichen Frühstück wurden wir alle begrüßt und meine Mitwanderer hatten es auch geschafft, fix und fertig, aber mächtig stolz! Ich brauchte erstmal ein paar Minuten, um wider mit dem festen Boden unter den Füßen klar zu kommen, und meine Beine hatten eine John Wayne Stellung angenommen und alles an mir duftete nach Muli!
Nach dem Frühstück gings dann langsam zurück nach Arequipa, zu den heißen Quellen, die ich mir mangels Geld gespart hatte, hatte nur wenige Soles mitgenommen und der Muli wollte gefüttert werden. So hatte ich Gelegenheit mit 2 deutschen Frauen ausgiebig zu plaudern, mir wertvolle Tipps für einen Dschungeltrip einzuholen und einfach mal deutsch reden, manchmal ist das sehr erholsam, sonst dreht sich im Kopf immer ein Brei aus Englisch, Französisch und spanisch, da kommt man schnell mal durcheinander.
Dafür gab´s am Ende für alle noch ein bombastisches peruanisches Buffet, mit den hiesigen Spezialitäten, wir haben alle ordentlich zugelangt. Und dann halb schlafend, halb wach über die wilde Piste zurück ins Hostal nach Arequipa.
Hundemüde aber zutiefst glücklich habe ich mir sofort die Fotos auf den Laptop gezogen und den Abend mit guten Gesprächen im Innenhof ausklingen lassen.
Meine Reise ist wunderbar, ich genieße jeden Augenblick und komme immer mehr zu mir, werde ruhiger, gelassener und bin einfach nur glücklich! Was will man mehr?
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